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Familie des Rabbiners Max Dienemann

Foto: Archiv im Haus der Stadtgeschichte, Offenbach am Main

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Formstecher, Dienemann und Jonas

Spazierwege im Park erinnern an starke Persönlichkeiten

Beim Flanieren durch das Offenbacher Kulturkarree am Büsing-Park fallen Besucherinnen und Besuchern einige Namen ins Auge: die der Rabbinerin Regina Jonas (1902-1944) sowie der Rabbiner Salomon Formstecher (1808-1889) und Max Dienemann (1875-1939). Die Spazierwege der innerstädtischen grünen Oase wurden seit Ende der 1990er Jahre zu Ehren dieser drei Wegbereiter eines offenen Judentums benannt.

Der jüdische Religionsphilosoph Schalom Ben-Chorin bezeichnete Salomon Formstecher (1808-1889) als wegweisend für die jüdische Reformbewegung des 19. Jahrhunderts. Als Rabbiner modernisierte Formstecher über Jahrzehnte beispielhaft das jüdische Gemeindeleben in Offenbach und wirkte als Religionsphilosoph weit über Offenbach, gar Deutschland hinaus. Durch die Veröffentlichung seines Werks „Religion des Geistes: Eine wissenschaftliche Darstellung des Judenthums nach seinem Charakter, Entwicklungsgange und Berufe in der Menschheit“ im Jahr 1841 erlangte er internationales Renommee und festigte seinen Ruf als einer der maßgeblichen Gründungsväter der Reform. Die Stadt verlieh Formstecher als erstem Offenbacher jüdischen Glaubens 1882 die Ehrenbürgerschaft.

Max Dienemann (1875-1939) war einer der herausragenden Repräsentanten des liberalen deutschen Judentums. Im Jahr 1919 wurde er von der Israelitischen Gemeinde in Offenbach zum Gemeinderabbiner berufen. Dienemann wirkte als prominenter Prediger und Referent im gesprochenen und gedruckten Wort im ganzen deutschsprachigen Raum. „Jenseits der gegensätzlichen Strömungen im Judentum beharrte er auf einer die Einheit des Judentums wahrenden Autorität der Überlieferung, die all jene Kräfte verband, die das jüdische Volk von Anbeginn geistig und psychisch prägten“, würdigt ihn die Dienemann/Formstecher-Gesellschaft.

Am 27. Dezember 1935 ordinierte Dienemann die Berlinerin Regina Jonas (1902-1944) zur ersten Rabbinerin in der Geschichte des Judentums und öffnete so das Tor für Entwicklungen auf dem Weg zur Gleichstellung der Frau im Gottesdienst. Dieser mutigen wie wegweisenden Tat folgte erst 1972 in den USA die nächste Ordination einer Frau zur Rabbinerin. Der Frage, ob eine Frau überhaupt das rabbinische Amt bekleiden könne, ging Regina Jonas 1930 in ihrer Abschlussarbeit nach und erklärte darin, dass die jüdischen Religionsvorschriften der Ordination einer Frau entsprächen. (DB)

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